In WAGENSCHWEND ist es, umgangssprachlich ausgedrückt, gerade zur kalten Jahreszeit noch einen „Kittel kälter“. Umso angenehmer ist das Klima an heißen Sonnentagen auf einer Höhe von rund 500 m über NN. Wagenschwend ist ein lang gestrecktes Straßendorf, das sich nach dem Ausbau der Straßen sehr ansehnlich präsentiert. Bestimmend im Dorfbild ist das Rathaus, in dem auch das überregional bedeutende Dorfmuseum untergebracht ist. Die alte Schmiede, eine Odenwälder Barbierstube, die Schuhmacherwerkstatt oder das Backhaus werden vom rührigen Verein ansprechend präsentiert.
Als Siedlung und Gemarkung wurde Wagenschwend erstmals 1322 – 1333 in einem Würzburger Lehenbuch als „Wachengeswende“ erwähnt. Der Name deutet auf einen Rodungsvorgang (swenden, swand) und einen Bestimmungsort als Personennamen (Wacho oder Wachin) hin.
Herrschaftsrechtlich musste in Wagenschwend zwischen der Zent-, Ortsund Grundherrschaft unterschieden werden. Zunächst hatte das Würzburger Hochstift die Zenthoheit (Kloster Amorbach, Zent Mudau). Anfang des 14. Jh. kaufte das Erzbistum Mainz die hohen Rechte vom Hochstift Würzburg ab, die es wiederum 1715 an die Kurpfalz abtrat, so dass Wagenschwend von der Zent Mudau zur Zent Mosbach wechselte. 1803 wurde die kurpfälzische Zent Mosbach unter leiningische Herrschaft gestellt. Ab 1806 war das Großherzogtum Baden, Amt Eberbach, zuständig. 1924 wechselte das Amt nach Mosbach. Orts- und grundherrschaftlich war der Ort Wagenschwend seit jeher zwischen der Burg Lohrbach und der Burg Zwingenberg geteilt. 1403 wurden die Zwingenberger Rechte an die Herren von Hirschhorn übertragen. Zeitweise gingen die Rechte an den Pfalzgrafen Otto II. von Mosbach und dann wieder an die Herren von Hirschhorn.
Sie kamen daraufhin zur Kurpfalz und anschließend zum Großherzogtum Baden. Nach den schwierigen Jahrzehnten Mitte des 19. Jahrhunderts mit einer Verelendung und Hungersnot im Odenwald, die auch eine Auswanderungswelle zur Folge hatte, ging es in unseren sieben Ortsteilen mit dem Bau der Nebenbahn Mosbach – Mudau, die 1905 in Betrieb ging, wirtschaftlich bergauf. Erste Betriebe entstanden, die Männern und Frauen Arbeit und Broterwerb sicherten. Zuvor war die Land- und Forstwirtschaft auf den kargen Böden und das Kleingewerbe Lebensgrundlage für die Menschen im sog. „badisch-Sibirien“. Die beiden furchtbaren Weltkriege forderten auch in unseren Dörfern ihren Tribut. Im 1. Weltkrieg fielen 71 Soldaten, im 2. Weltkrieg kehrten 278 Soldaten nicht mehr nach Hause zurück. Der Zustrom an Heimatvertriebenen ließ die Einwohnerzahlen stark ansteigen. 1950 waren es bereits 898 Neubürger, die in den Ortschaften eingewiesen waren.
Zwei Wagenschwender Highlights (von vielen)
Klarer Heimvorteil für Wagenschwend: Der Wald!
Klarer Tip für Besucher: Das Museum. Für jung & alt!
Perlen aus der Dorfgeschichte
Wagenschwend, die Revolution und die Pressefreiheit
Als im Jahre 1848 in Baden die Pressefreiheit eingeführt wurde, musste die Gendarmerie von Wagenschwend bei Eberbach berichten, dass „eine große Anzahl der Einwohner in dieser Gegend dem Raub, den Diebereien und Wildereien sehr ergeben sind, und da jetzt bekannt wird, die Pressefreyheit / Freyheit / sei jetzt genehmigt, so glauben diese, solche Freiheit dürfe jetzt so benutzt werden“
Gartenbaudirektor Metzger 1847 an die badische Regierung:
“Die Waldkultur ist für den Odenwald ein sehr wichtiger Gegenstand, der den alten Odenwälder theils ernährte und in Wohlstand hielt … wo noch einigermaßen gut erhaltene Waldungen vorkommen wie in Rumpfen und Oberneudorf, sind jährliche Geldeinnahme ersichtlich und wo diese ruiniert sind, ist Armut und Lumperey wie in Langenelz, Wagenschwend, Laudenberg und vielen anderen Orten vorhanden.”
An das Großherzoglich Bad. Bezirksamt Eberbach,
Gehorsamster Bericht und Bitte
An das Großherzoglich Bad. Bezirksamt Eberbach, Gehorsamster Bericht und Bitte des Gemeinderaths zu Wagenschwend, die Auswanderung der beiden Familien Fischer und Speckert von Wagenschwend betr.:
Es ist der Großherzoglichen Regierung sehr wohl bekannt, welche bedeutende Kosten die vorgenannten zwei Familien dem Staate und der armen Gemeinde verursacht haben. Man hat wohl schon fünfmal die Auswanderungskosten damit bestreiten können … Zum kompletten „gehorsamsten Bericht an das Badische Bezirksamt in Eberbach“ >>
Wagenschwender Vereine
Katholischer Kirchenchor „Frohsinn“ Wagenschwend
Perlen aus der Dorfgeschichte
Das Großherzogliche Bezirksamt schreibt 1848 an den
Bürgermeister von Wagenschwend, Damm:
„Die Sittenlosigkeit und Demoralisation hat in Wagenschwend einen so furchtbaren Grad erreicht, daß außerordentliche Maaßregeln ergriffen werden müssen, um diese Gemeinde von ihrem totalen Ruin zu retten.
Es wurde in letzter Zeit im diesseitigen und den benachbarten Ämtern Mosbach und Neudenau eine Masse von gefährlichen Diebstählen unter Umständen verübt, die auf eine wohlorganisierte Diebsbande schließen lassen, welche sich über den ganzen Odenwald verbreitet und wenn nicht alle Anzeichen trügen, ihren Hauptsitz gerade in Wagenschwend hat.“
Anton Damm, Küfer in Wagenschwend, 1920 – 1932 Reichstagsabgeordneter der Zentrumspartei, Wahlkreis 35 Baden, ab 1924 Wahlkreis 32 Baden
Anfang Mai 1933: Damm ist Bürgermeister von Wagenschwend. Um einer Amtsenthebung durch die NS-Behörden zuvorzukommen, tritt er Anfang Mai 1933 zurück. Am 11. Mai 1933 wird Damm vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Der Gemeinderat, der von Anhängern des Nationalsozialismus bestimmt wird, verweigert ihm jedoch ein Ruhegehalt. Nach einem längeren Rechtsstreit entscheidet das Landgericht Mosbach schließlich zugunsten Damms und verurteilt die Gemeinde zur Zahlung des Ruhegehalts.
August 1944 Im Rahmen der »Aktion Gewitter« wird gegen Damm im August 1944 dreimal ein Haftbefehl erlassen. Aufgrund des Eingreifens des Bürgermeisters Karl Banschbach entgeht Damm jedoch einer Verhaftung.
Wo wohnt die schönste Odenwälderin?
Natürlich in Wagenschwend!
Auf seiner legendären Sommerfahrt kam der bekannte Schriftsteller und Autor Heinrich Hansjakob ins grüne Herz des Odenwaldes, nach Wagenschwend und schreibt:
Kaum aus dem Wald herausgekommen, liegt auf dem Hügel der Weiler Wagenschwend, und in ihm sehe ich zu meiner Freude mit Stroh gedeckte Häuser, die der Gegend einen ungemein malerischen Reiz verleihen. Vor einem der mit Stroh gedeckten Häuser steht eine junge, schöne Bäuerin – das einzige schöne Bauerngesicht, das ich im Odenwald sah – ihr Kind auf einem Arm.
Heinrich Hansjakob, katholischer Geistlicher, badischer Heimatschriftsteller, Historiker und Politiker. Bekannt wurde er vor allem als Schriftsteller. Neben wissenschaftlichen Werken, politischen Schriften und Reiseberichten verfasste er Erzählungen und Romane, die sich hauptsächlich mit der Lokalgeschichte des Mittleren Schwarzwalds und der Mentalität der Menschen befassen. 1873 wurde er wegen Beleidigung eines Staatsbeamten für sechs Wochen in Radolfzell inhaftiert. Im selben Jahr wurde sein erster Sohn geboren, worauf Hansjakob einen Nervenarzt aufsuchte, man weiß von vier unehelichen Kindern. Seine Symptome („Nerventeufel“) bekämpfte er mit Opiaten. Er blieb schwer medikamentenabhängig und war zuweilen kaum noch arbeitsfähig.